Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, plädiert für eine Umkehr der Föderalismusreform, um die Pensionslasten neu zu verteilen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Chef des Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, plädiert für eine Umkehr der Föderalismusreform, um die Pensionslasten neu zu verteilen.

 
Herr Dauderstädt, nach dem Stellwerkdesaster in Mainz stellt sich wieder die Frage: Wird der öffentliche Dienst kaputt gespart?
Es gibt nicht wenige Bereiche, wo der Bürger große Defizite spürt. Kaputt gespart ist zu hart formuliert, aber es gibt einen Trend dahin, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gefährden. Was in Mainz passiert, gilt auch für nicht privatisierte Bereiche des klassischen öffentlichen Dienstes vom Arbeitsschutz über die Finanzverwaltung und Lebensmittelkontrolle bis zum Zoll.
Man könnte ja konstatieren, dass sich Deutschland seinen öffentlichen Dienst nicht mehr leisten kann?
Das ist eine Frage der Güterabwägung. Die Politik muss da mehr Offenheit walten lassen. Und die Verantwortlichen müssen entscheiden, ob sie lieber Geld für eine Autorennstrecke, eine tolle Veranstaltungshalle, ein Naturschutzgebiet oder für den öffentlichen Dienst ausgeben.
Vielleicht sind wir auch nur verwöhnt?
Da ist was dran. Aber der öffentliche Dienst trägt gerade in seiner Qualität dazu bei, unser Land mit relativer Stabilität durch Krisenzeiten zu begleiten. Davon profitiert auch die gesamte Wirtschaft.
Ist Ministerpräsident Kretschmann für Sie ein Brandstifter, weil er die Beamtenversorgung kürzen will?
Das ist eine gefährliche Entwicklung. Ich habe Kretschmann mehr als einmal gesprochen und weiß, dass er wegen der Belastungen aus den Pensionskosten fürchtet, keinen gedeckten Haushalt hinzubekommen. Er spricht von versteckten Schulden – es ist unverständlich, dass ein Ministerpräsident so tut, als wären Pensionsverpflichtungen eine Überraschung. Der Staat kann sich nicht verstecken. Die Pensionierung eines Beamten kann man im Normalfall auf den Tag vorhersagen; ebenso die Höhe der Altersbezüge.
Die Pensionslasten drohen aber völlig auszuufern.
Angesichts der Milliarden- und Billionenbeträge, die angeblich den Staat im ,Würgegriff’ halten, sehen wir die Nöte. Kretschmann will aber an die Systematik heran. Ich halte das für problematisch, weil wir die Beamtenversorgung schon vielfach reformiert haben. Der Gesetzgeber hat Aspekte der Nachhaltigkeit, Kürzungen und Verrechnungen parallel zu den Rentenreformen eingeführt. Die Beamten wurden genötigt, durch Verzicht bei linearen Anpassungen Versorgungsrücklagen mit zu finanzieren, die Teilbelastungen abdeckt. Es wurden bisher knapp 30 Milliarden Euro dort angespart. Das Ziel, daraus die Beamtenpensionen der Zukunft durch Kapitaldeckung vollständig bestreiten zu können, ist bei den heutigen Kapitalerträgen schwer realisierbar. Der Staat hat schlicht versäumt, für die erkennbaren Ruhestandsfälle rechtzeitig die entsprechenden Geldbeträge parat zu halten.